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Posts Tagged ‘Wohltätigkeit’

Der Mensch hat ein tief verankertes Bedürfnis, Gutes zu tun. Der Mensch macht Fehler. Hier tut sich ein interessantes Feld für lehrreiche Geschichten und peinliche Zwischenfälle auf, von denen ich zwei hier berichten möchte. Sie wären des Fail Blog würdig, aber dieser Meilenstein der Blogkultur harrt noch einer deutschsprachigen Entsprechung.

Meine Ex-Kollegin A. ist eine katholisch erzogene, gutaussehende und gut gekleidete junge Frau. Sie war Mitte Dezember beschwingten Fußes auf dem Alexanderplatz unterwegs, durch ein Gewühl von Menschen mit Weihnachtseinkäufen, durch das Gewirr von Buden des schrottigen Mini-Weihnachtsmarktes dort, und strebte auf den U-Bahneingang zu. Dort hockte ein Rollstuhlfahrer, ärmlich gekleidet, Becher vor sich ausgestreckt, und rührte das Herz von A. Sie warf mit einem fröhlichen Lächeln mildtätige zwei Euro in den Becher.

Die Reaktion des Beschenkten fiel allerdings nicht wie erwartet aus. Statt sich artig zu bedanken grollte er:  „Was soll das?“ A. war verdutzt, aber noch nicht entmutigt und erwiderte etwas von Weihnachten und dass er sich auch etwas gönnen sollte. Der Rolli-Fahrer aber drehte wortlos seinen Becher um, aus dem sich sein Glühwein ergoss. In der Pfütze schimmerte die Münze, die aufzuheben A. nur kurz erwog und dann verwarf. Statt dessen stammelte Sie etwas von Entschuldigung und Versehen, und dass sie sofort einen neuen Glühwein… Der Rollifahrer aber lehnte barsch ab, „schlimmster Tag in meinem Leben“, bürdete er A’s Gewissen noch auf, und so ging sie hilflos und vermutlich immer noch tief errötet ihrer Wege. Wer von den zwei Euro letztlich profitiert hat, ist nicht überliefert.

Solche Dramen von verunglückter Nächstenliebe sind kein Einzelfall. Meine Kollegin N. wusste von einem Bekannten zu berichten, der FAZ-lesend in der U-Bahn unterwegs war, als einer der üblichen „Vortragsreisenden“ durch den Zug ging um seine Obdachlosenzeitung anzupreisen oder sonstige Barspenden einzuwerben. Wenige Sekunden, nachdem der Bedürftige ihn passiert hatte, wurde dem Bekannten von einer Frau ein Euro hingestreckt. Der so Verwechselte war tief erschüttert und ging sofort zum Frisör.

Ich selbst habe demnächst eine kleine Operation an meinem Fuß durchzuführen, ein Leberfleck muss entfernt werden. Ich werde zwei Wochen mit Krücken unterwegs sein, und im Hinblick auf öffentliche Verkehrsmittel überlege ich mir geeignete Vorsichtsmaßnahmen. Getränke nur mit Deckel, soviel ist mal klar. Aber über die Gestaltung des Riesen-T-Shirts, das ich über meine Winterjacke ziehen werde, denke ich noch nach. Vielleicht ein Schriftzug: „Bitte hier NICHT spenden. Bin Gutverdiener“? Vorschläge nehme ich dankbar entgegen.

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